Kritischer Brief einer Gruppe von Gemeindegliedern

Es geht um die Zukunft des Gemeindezentrums Vilsendorf

Der Informationsabend von Presbyterium und Vilsendorfer Zentrumsausschuss am 20.September 2021 zum Thema „Wohnungsbau auf dem Kirchgelände?“ hat etwa 100 Teilnehmern vermittelt, welche grundsätzlichen und praktischen Fragen, die dort gestellt wurden, offenblieben. Die Antworten haben viele nicht befriedigt.

Daher haben sich am 29.September 30 Gemeindeglieder im Vilsendorfer Gemeindehaus versammelt und beschlossen, dem Presbyterium, dem Kreissynodalvorstand und dem Superintendenten die drängendsten Fragen, Einwände und Wünsche schriftlich vorzulegen, in Sorge um die Zukunft des Gemeindezentrums Vilsendorf.

Hier eine Zusammenfassung der Forderungen aus diesem Brief:

Einigkeit besteht darin, dass ein Großprojekt, wie vorgestellt, nicht wünschenswert ist. Vielmehr müssen alternative Lösungen gesucht werden. Diese sollten eine Sanierung des bestehenden Gemeindehauses einbeziehen. Außerdem sollten sie nicht mehr neue Bausubstanz vorsehen, als für Unter- und Erhalt der kirchlichen Gebäude erforderlich.

Besonders wichtig ist den Teilnehmenden, den bereits in der Kerngemeinde zu beobachtenden Tendenzen zu Verweigerung, Grabenbildung und gemeindlicher Umorientierung oder gar Kirchenaustritten entgegenzuwirken Schließlich hat die erst vor 5 Jahren vollzogene Fusion für viele Gemeindeglieder bereits eine schmerzliche Verletzung ihrer Identität bedeutet.

Verschiedene Fragen sind völlig ungeklärt:

  • Warum wird das Gemeindehaus als nicht sanierbar betrachtet?
  • Wer plant und finanziert dieses große Vorhaben und übernimmt die Verantwortung?
  • Was für andere Möglichkeiten sind machbar? (im Sinne einer echten Machbarkeitsanalyse)
  • Was passiert bei 2-3 Jahren Bauzeit mit der Gemeinde?
  • Warum ist die Gemeinde bisher nicht informiert worden und in welcher Form soll eine Beteiligung sichergestellt werden?
  • Woher kommt die Berechtigung für die Planung eines Projektes in dieser Größenordnung, welches die Gemeinde massiv verändert, sie aber gleichzeitig nicht einbezieht?

Die vorliegende Planskizze im Gemeindebrief (Buntes Kreuz Nr.19) zerstört den Charakter unseres Ortszentrums sowie unseres Gemeindelebens – sowohl durch die Gebäudestruktur und -funktion als auch durch eine fehlende oder zu kleine Freifläche. Sie leistet der Funktion einer reinen Schlafstadt Vilsendorf Vorschub. Eine lebendige Gemeindearbeit und die Erkennbarkeit als Gemeindezentrum sind nicht gewährleistet.

Angesichts des tiefgreifendsten Eingriffs in Finanzen, Struktur und Charakter der Gemeinde – jetzt Zentrum – Vilsendorf seit ihrem Bestehen bitten die teilnehmenden Gemeindeglieder um größtmögliche Transparenz. Das bedeutet: Offenlegung der Gemeindefinanzen (Haushalt) und der finanziellen und baulichen Planungsschritte. Wir gehen davon aus, dass sich mit jedem weiteren Planungsschritt – weitere Studien, Antrag auf Änderung des Bebauungsplanes u.ä. – der Korridor für alternative Planung und Mitwirkungsmöglichkeiten der Gemeinde zunehmend verengt.  

Wir möchten eine Planung, die das bisher lebendige Gemeindeleben unterstützt und die dynamische Bevölkerungsentwicklung unseres Ortsteiles im Blick hat. Statt auf „Kaputtsparen“ zu setzen, sollte die gemeinschaftliche Pflege und Weiterentwicklung des Gemeindelebens unser aller Auftrag sein.

Das Gemeindehaus in Vilsendorf bietet seit Jahrzehnten die einzigen Räume für Zusammenkünfte auch über die Kirchengemeinde hinaus (Armenische Gemeinde, AWO, Parteien, Runder Tisch, Familienfeiern, Weihnachtsmarkt). Deshalb schlagen wir vor, bei der geplanten Neustrukturierung des Geländes diesen übergemeindlichen Charakter weiter zu verfolgen und ein ökumenisches und Nachbarschaftszentrum anzustreben (vgl. Annette Kurschus, „Zwischen Wohnsilos und Banken“, Chrismon Juli/August 21 über die Bochumer Friedenskirche). Anregungen hierfür gibt es auch in Bielefeld. Wir sollten die Bezirksvertretung Jöllenbeck und damit die Kommune mit ins Boot holen.

In dem dem Brief fordern wir das Presbyterium auch auf, das Engagement und die „Schwarmintelligenz“ der Gemeindeglieder bei dem weiteren Verfahren zu nutzen, um Vertrauen zu schaffen und Gemeinschaft zu stiften. Wir stehen für konstruktive Mitarbeit bereit. Ein konkreter Vorschlag wäre ein eintägiger Ideenworkshop der Gemeindeglieder in Zusammenarbeit mit dem Kirchenkreis.  Eine weitere Forderung: Es soll möglichst zeitnah eine Gemeindeversammlung einberufen werden, die einen anderen Stellenwert hat, als weitere einseitige Informationsveranstaltungen. Inzwischen hat das Presbyterium den 18. Januar 2022 für die Gemeindeversammlung angesetzt.

Unser Fazit des Briefes gilt weiterhin:

Es wäre ein schönes Ziel und ein verantwortlicher (Neu-)Beginn, das erwartete Finanzfiasko der Kirchengemeinde in die Planung eines ökumenischen, kulturellen und sozialen Ortszentrums zu verwandeln.

Wir freuen uns, dass das Presbyterium auf unseren Brief reagiert und vorgeschlagen hat, dass sich zwei Delegiertengruppen mit den einzelnen Punkten auseinandersetzen.  Das erste Gespräch hat am 16. November 2021 stattgefunden. Es wurde kontrovers, aber sachlich diskutiert. Da die Zeit nicht reichte, wird es ein zweites Gespräch am 7. Dezember geben.

Danach wollen wir am 20. Dezember 19:00 Uhr im Gemeindehaus im großen Kreis Bericht erstatten und unser weiteres Vorgehen planen.

Alle, die ein Interesse daran haben, über die weitere Diskussion um das Bauvorhaben und die Zukunft des Gemeindezentrums Vilsendorf informiert zu werden und womöglich eigene Ideen beizutragen, laden wir herzlich ein.

                               Ingo Ehmsen, Karin Ploghaus-Schürmann

Kontakt: ingo.ehmsen@bitel.net