Wie stellen wir uns unsere Kirche(n) für die nächste Generation vor?

Was bedeutet die multifunktionale Nutzung von Kirchen ­– und welchen Zukunftserwartungen soll sie möglichst gerecht werden? Diese Fragen standen beim „Multifunk-Abend“ an, zu dem das Presbyterium am 6. Juni ins Gemeindehaus Theesen eingeladen hatte. Es ging dabei sowohl um Informationen als auch um eine kreative Annäherung an das, was die Gemeinde an ihrer Kirche bewegt – und was sie bewegen möchte.

 

Zum Hintergrund...

Der Presbyteriumsvorsitzende Pfr. Dr. Andreas Kersting ging in seiner Begrüßung kurz auf die schon bekannte Krisensituation ein: Die zugespitzte Finanzlage, die zurückgehenden Gemeindegliederzahlen, der Schwund von ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden zwingen zu Konsequenzen.

„Aber wir wollen uns nicht entmutigen lassen, sondern im Presbyterium alle Kraft darin investieren, Spielräume zu erarbeiten, um ein zwar kleiner werdendes, aber eben modernes, zukunftsweisendes und lebendiges Gemeindeleben zu erhalten und wo möglich sogar neu und anders zu entfalten.“

Pfr. Kersting erläuterte den schon auf der letzten Gemeindeversammlung dargestellten Weg des Presbyterium zur Bündelung der Ressourcen:

  • Aufgabe der Gemeindehäuser, um wirksam und dauerhaft Haushalt und Mitarbeitende zu entlasten.
  • Weiterführung der Gemeindehäuser als Übergangslösung für max. fünf Jahre, sofern dies kosten- und manpower-neutral gestaltet werden kann. Garantien über fünf Jahre hinaus können nicht gegeben werden, da die gesamtgemeindlichen und gebäudlichen Rahmenbedingungen in vier bis fünf Jahren nicht abzusehen sind. Jeder Euro, der für den längerfristigen Erhalt der Gemeindehäuser jetzt und in Zukunft gespendet wird, fehlt später zur Deckung der Kosten für einen notwendigen Kirchenumbau!
  • Konzentration des Gebäudebestandes auf mindestens zwei Kirchengebäuden und nach Möglichkeit auf ein drittes, wenn dessen laufende Unterhaltung aus der Verwertung von Gemeindehausgrundstücken gesichert ist. Mit Umgestaltung der Kirchen zu multifunktionalen Gebäuden bleiben einerseits sakrale Räumlichkeiten erhalten und werden andererseits Gemeinderäume als Ersatz für entfallende Gemeindehäuser geschaffen.

 

Wie stelle ich mir meine Kirche für meine Kinder und Enkelkinder vor?

Dazu traf man sich in vier Kleingruppen, in denen Stichworte zu Zukunftsbildern, positiven Erfahrungen und Glaubensstandpunkten gesammelt und ausgetauscht wurden. Um den Gedankenfluss zu inspirieren, lagen verschiedenen Gegenstände aus, kirchliche ebenso wie alltägliche Symbole: Die Jahreslosung, Kerzen,  Engel , Kaffee, Flyer, Gemeindebrief, Bibel, Gesangbuch, Kollektenkorb, Glühbirne, Schraubenschlüssel, Kreuz, Ball, Sitzkissen, Klebeband, Pflaster, Schnur, Schlüssel, Bibelvers, Noten, Terminkalender, Grillzange und eine Rolle Schwarzbrot. Wer mochte, konnte nach dem Gegenstand greifen, der sein Anliegen am besten illustrierte.

Welches Symbol auch gewählt wurde – einige Themen wurden in allen Gruppen besonders oft benannt:

  • Gemeinschaft – gemeinsames Feiern und Trauern, Heimat, Geborgenheit, (Zusammen-)Halt - teils verbunden mit der Sorge, dass dies bei zu großen Einheiten nicht mehr realisierbar sei; Generationen verbindend; Treffpunkt für Jung und Alt; Kirche ist stark im Wir – in kleinen Gemeinschaften wie auch in globaler Solidarität; Vernetzung; teilen, wie das Brot Nöte und Sorgen teilen
  • Offenheit gegenüber anderen gesellschaftlichen Gruppen sowie anderen christlichen und nichtchristlichen Glaubensgemeinschaften; gute Gastgeber sein; Kommunikation nach innen und außen (Gemeindebrief usw.); über den Tellerrand schauen; Netzwerke nutzen; offene Kirchengestaltung für mehr Sichtbarkeit
  • Glauben – Kirche soll niedrigschwellig, aber nicht banal sein; die christliche Botschaft muss weitergegeben werden, egal, wie die Kirche aussieht; Ausdauer ist gefragt; Jesus muss in der Mitte bleiben; die gute Nachricht erlaubt mehr Optimismus;
  • Licht – mit Helligkeit, Licht und Wärme werben Räumlichkeiten für Jesus als das Licht der Welt; lichtdurchflutete Räume als Verbindung von Kirche und Welt; uns muss für die Zukunft ein Licht aufgehen
  • Musik – verbindend, meditativ, spirituell, freudebringend; bringt Räume zum Klingen, verbindet Tradition und Zukunft, spricht auch junge Leute an (Punkt6); keine Kirche ohne Raum für Konzerte
  • Spiritualität – Kirche als Ort der Stille und der persönlichen Begegnung mit Gott muss trotz Geselligkeit erhalten bleiben; als Ort der Hoffnung für Familien und Kinder; Kirche braucht Raum zur Besinnung
  • Kinder, Jugend und Familien – Wo sind die, über deren Zukunft gesprochen werden soll? Jugend muss sich wohlfühlen, darf uns nicht verloren gehen; Kinder und Jugendliche mitnehmen; Kindergottesdienste; generationsübergreifende Angebote; Raum für Kinder bereithalten; Mutter-Kind-Gruppen; Jugendliche auch über Musik ansprechen; mehr Gottedienste für Kinder, Jugendliche und Familien , „Kirche Kunterbunt“
  • Ändern und Bewahren – Erinnerungen erhalten, Traditionen nicht ganz aufgeben,
  • Erwartungen an multifunktionale Kirchen allgemein – Platz für Gottesdienste in unterschiedlichsten Formaten, für die Trauung oder Taufe mit anschließendem Essen, für die Jugend, für Konzerte und Veranstaltungen; Chance: Gottesdienstbesucher und Gruppen unter einem Dach erleben mehr Gemeinschaft; variable Gruppenräume; flexible bequeme Stühle, Bereich für Café, Verwaltung, Abstellraum, allerneueste Technik, Barrierefreiheit, ökologisch und energetisch sinnvoll; bis zur Fertigstellung Gemeindehäuser offen halten; Finanzierung durch wirtschaftliche Nutzung der Grundstücke mit den Gemeindehäusern?

So spiegelten es auch die Abschlussberichte im Plenum. Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer zeigten sich angetan und inspiriert von den Beispielen für multifunktionale Kirchennutzungen, die Elke Upmeier zu Belzen vorgestellt hatte.

Die Architektin wird die Impulse dieses Abends nun mitnehmen und ohne Einfluss des Presbyteriums mit der Arbeit an den drei Studien beginnen. Dabei geht es darum, die technischen und gestalterischen Möglichkeiten, die die einzelnen Kirchen bieten, professionell zu prüfen. Mit dem im Herbst erwarteten Ergebnis befasst sich zunächst das Presbyterium; dann wird die Gemeinde informiert und zum weiteren Austausch eingeladen.